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Umgangsrecht und Kindeswohl
Umgangsrecht: Kindeswille als ausschlaggebendes Kriterium
Umgangsrecht und Kindeswohl
Bundesverfassungsgericht betont Kindeswillen, auch wenn er von der Mutter beeinflusst wurde.
Bei Entscheidungen über den Umgang von Eltern und Kind sieht das Bundesverfassungsgericht den Kindeswillen, sofern er „Ausdruck echter und damit schützenswerter Bindung“ ist, als ausschlaggebendes Kriterium an, auch wenn dieser durch die Mutter beeinflusst ist. Lehnt das Kind den Umgang mit dem Vater ab, so muss dieser unter Umständen hinnehmen, dass er sein Kind über einen gewissen Zeitraum nicht sehen darf.
Am 25. April 2015 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass ein befristeter Umgangsausschluss unter Gestattung eines monatlichen Briefkontaktes nicht gegen das Recht der elterlichen Sorge aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verstößt (1 BvR 3326/14).
Kurz nach der Geburt des Sohnes im Jahre 2003 trennten sich die Eltern. Zunächst wurde dem Vater im Jahre 2010 gerichtlich begleiteter Umgang mit seinem Kind eingeräumt. Nachdem diese Kontakte größtenteils nicht stattfanden, wurde das Umgangsrecht nach Anhörung des Sohnes, der sich gegen den Umgang mit seinem Vater aussprach, für zwei Jahre ausgeschlossen. Denn der Umgang mit dem Vater sei nicht mit dem Kindeswohl zu vereinen, da das Kind ausdrücklich jeden Kontakt mit dem Vater ablehne. Ein Umgang zu diesem Zeitpunkt bei dem Jungen würde zu einem Gefühl der Hilflosigkeit und einem Kontrollverlust führen.
Umgangsrecht und Kindeswohl
Auf Beschwerde des Vaters wurde das Kind erneut im Jahre 2014 angehört. Auch zu diesem Zeitpunkt lehnte der nunmehr fast 11-jährige Junge jeglichen Umgang mit dem Vater ab. Das Oberlandesgericht hielt den befristeten Umgangsausschluss aufrecht, billigte dem Vater jedoch zu, mit seinem Sohn einmal im Monat brieflichen Kontakt zu halten. Auch das Oberlandesgericht sah eine Gefährdung der seelisch-geistigen Entwicklung des Sohnes bei Umgängen mit dem Vater. Der Wunsch des Sohnes sei zwar durch die Mutter beeinflusst, eine erzwungene Kontaktaufnahme könne jedoch ein Rückzugsverhalten des Sohnes zur Folge haben.
Das Bundesverfassungsgericht:
Gegen diese Entscheidung erhob der Vater Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht, da er sich in seinem Recht aus Art. 6 Abs. 2 GG verletzt fühlte. Dieses sah in der Entscheidung des Oberlandesgerichtes jedoch keinen Verstoß gegen die elterliche Sorge: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die elterliche Sorge dort eine Einschränkung erfährt, wo es der Schutz des Kindes erfordert. Die Kundgabe des Willens ist Ausdruck der Selbstbestimmung des Kindes. Eine Missachtung dieses Willens könnte beim Kind das Gefühl der Geringschätzung der eigenen Persönlichkeit hervorrufen. Dies schadet der persönlichen Entwicklung des Kindes. Auch ein beeinflusster Kindeswille ist damit grundsätzlich beachtlich, sofern er „Ausdruck echter und damit schützenswerter Bindung“ ist. Unbeachtlich ist dagegen ein geäußerter Wille, der nicht die tatsächlichen familiären Bindungsverhältnisse wiederspiegelt. Insbesondere ist auch der lediglich briefliche Kontakt verhältnismäßig. Dem Vater wird so die Möglichkeit gegeben, langsam das Interesse des Kindes an ihm zu wecken.
Das Bundesverfassungsgericht billigte auch die Dauer des zweijährigen Umgangsausschlusses. Denn auf Änderungen in den Bindungsverhältnissen der Parteien könnte durch die regelmäßige gerichtliche Überprüfung reagiert werden.
Rechtsprechung und Hinweise zum Umgangsrecht und Kindeswohl