Kanzleiblog.
Anhörung bei ordentlicher Kündigung
Kirchliche Mitarbeitervertretungsordnung MAVO § 30
Das Mitarbeitervertretungsrecht der katholischen Kirche beruht auf der Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO), diese regelt auch die Anhörung bei ordentlicher Kündigung, § 30 MAVO.
Die Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung bei Kündigungen ergeben sich aus § 30 MAVO für die ordentliche Kündigung. § 30a MAVO betrifft die Massenentlassungen und entsprechend § 31 MAVO die außerordentlichen Kündigungen. Mitglieder einer Mitarbeitervertretung genießen besonderen Kündigungsschutz. Dieser ist in § 19 MAVO geregelt. Ohne eine Einhaltung der Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung ist eine Kündigung unwirksam, vergleiche § 30 Abs. 5, § 31 Abs. 3 MAVO. Bei den vorgenannten Regelungen handelt es sich um sonstige Unwirksamkeitsgründe im Sinne von § 13 Kündigungsschutzgesetz.
Anhörung bei ordentlicher Kündigung
In § 30 MAVO heißt es:
§ 30 Anhörung und Mitberatung bei ordentlicher Kündigung
(1) Der Mitarbeitervertretung ist vor jeder ordentlichen Kündigung durch den Dienstgeber schriftlich die Absicht der Kündigung mitzuteilen. Bestand das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung bereits mindestens sechs Monate, so hat er auch die Gründe der Kündigung darzulegen.
(2) Will die Mitarbeitervertretung gegen die Kündigung Einwendungen geltend machen, so hat sie diese unter Angabe der Gründe dem Dienstgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Erhebt die Mitarbeitervertretung innerhalb der Frist keine Einwendungen, so gilt die beabsichtigte Kündigung als nicht beanstandet. Erhebt die Mitarbeitervertretung Einwändungen und hält der Dienstgeber an der Kündigungsabsicht fest, so werden die Einwendungen in einer gemeinsamen Sitzung von Dienstgeber und Mitarbeitervertretung mit dem Ziel einer Verständigung beraten. Der Dienstgeber setzt den Termin der gemeinsamen Sitzung fest und lädt hierzu ein.
§ 30 MAVO
(3) Einwendung kann insbesondere geltend gemacht werden, dass nach Ansicht der Mitarbeitervertretung
die Kündigung gegen ein Gesetz, eine Rechtsverordnung, kircheneigene Ordnung oder sonstiges geltendes Recht verstößt,
der Dienstgeber bei der Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiterin oder des zu kündigenden Mitarbeiters soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
die zu kündigende Mitarbeiterin oder der zu kündigende Mitarbeiter an einem anderen Arbeitsplatz in einer Einrichtung desselben Dienstgebers weiter beschäftigt werden kann, die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist odereine Weiterbeschäftigung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
Diese Einwendungen bedürfen der Schriftform und der Angabe der konkreten, auf den Einzelfall bezogenen Gründe.
(4) Kündigt der Dienstgeber, obwohl die Mitarbeitervertretung Einwendungen gemäß Absatz 3 Nr 1 bis 5 erhoben hat, so hat er der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter mit der Kündigung eine Abschrift der Einwendungen der Mitarbeitervertretung zuzuleiten.
(5) Eine ohne Einhaltung des Verfahrens nach den Absätzen 1 und 2 ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
Grundsatz: ein Anhörungsverfahren für eine Kündigung
Die Anhörung- und Beratungsrechtes § 30 MAVO gelten von jeder ordentlichen Kündigung. Zu beachten ist, dass der Dienstgeber verpflichtet ist, die Absicht der Kündigung schriftlich mitzuteilen. Eine nur mündliche Mitteilung reicht deshalb nicht aus. Die Schriftform muss eingehalten werden. Die schriftliche Mitteilung der Kündigungsabsicht hat gegenüber dem Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung zu erfolgen. Zugang der Mitteilung ist erforderlich. Nach § 30 MAVO ist erforderlich, dass die Kündigungsgründe vom Dienstgeber dargelegt werden. Die Mitarbeitervertretung kann gemäß § 30 Abs. 2 MAVO und Abs. 3 MAVO gegen die beabsichtigte Kündigung Einwendungen erheben. Die Einwendungen der Mitarbeitervertretung sind innerhalb von einer Woche schriftlich mitzuteilen.
Frist für die Mitarbeitervertretung: 1 Woche
Die Einwendungen der Mitarbeitervertretung sind zu begründen. Die Mitarbeitervertretung kann Einwendungen dabei nicht nur auf die in § 30 Abs. 3 MAVO genannten Gründe stützen, sondern sie ist berechtigt auch weitere Einwende zu erheben. Enthält die Mitarbeitervertretung Einwendungen und hält der Dienstgeber an der Kündigungsabsicht fest, so sind die Einwendungen in einer gemeinsamen Sitzung zu beraten. Dies mit dem Ziel der Verständigung. Ist mit der Mitarbeitervertretung keine Verständigung erzielt, ist der Dienstgeber frei, die Kündigung auszusprechen.
Die Anhörung bei ordentlicher Kündigung der Mitarbeitervertretung gemäß § 30 MAVO macht die Kündigung daher nicht von der Zustimmung der Mitarbeitervertretung abhängig. Die Durchführung eines Verfahrens zur Anhörung der Mitarbeitervertretung ist daher Voraussetzung für die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Die Unwirksamkeit der Kündigung kann daher nicht durch die nachträgliche Zustimmung der Mitarbeitervertretung geheilt werden.
§ 30 MAVO im Kündigungsschutzverfahren
Die Anhörung bei ordentlicher Kündigung § 30 wirkt sich auch im späteren Kündigungsschutzverfahren aus. Die Mitarbeitervertretung ist daher schriftlich zu beteiligen. Wenn zum Beispiel der Unterrichtung des Dienstgebers eine Mitarbeitervertretung ausgeführt wird, dass “gleichwertige oder nicht gleichwertige Arbeitsplätze“ weder in dem einen noch in dem anderen Haus vorhanden sei, wurde in einem Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamm die Anhörung als unwirksam eingestuft. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat hierzu ausgeführt:
Die Beklagte teilt mit der Anhörung zwar mit, dass eine Weiterbeschäftigung nicht möglich ist, der Mitarbeitervertretung wird aber nicht hinreichend deutlich gemacht, inwiefern die Beklagte zumutbare Anstrengungen unternommen hatte, die zu einer Weiterbeschäftigung der Klägerin führen konnten. Welche Maßnahmen der Umorganisation die Beklagte überhaupt vor Ausspruch der Kündigung in Betracht gezogen hatte, geht aus dem Anhörungsschreiben nicht hervor. Die pauschalen Ausführungen der Beklagten im Anhörungsschreiben zur fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit einer Gruppe von Mitarbeitern (nämlich einen Mitarbeiter, die in zu schließenden Labor beschäftigt sind) lassen auch jeden konkreten Bezug zur Person der Klägerin fehlen. Die Beklagte differenziert entsprechend noch nicht einmal zwischen den ledigen Mitarbeiterinnen, deren Arbeitsverhältnisse ordentlich kündbar sind und denjenigen, deren Arbeitsverhältnisse nicht ordentlich kündbar sind. Damit wird der Betriebsrat nicht in die Lage versetzt, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe insoweit und in Bezug auf die Klägerin zu prüfen.
Rechtsfolge: Präklusion
Tatsachen zur Rechtfertigung der Kündigung, die der Mitarbeitervertretung vor Ausspruch der Kündigung nicht mitgeteilt worden sind, sind ausgeschlossen. Diese kann der Arbeitgeber daher nicht mehr in den Kündigungsschutzprozess einführen. Insoweit gilt für die MAV und den Betriebsrat zur Anhörung bei ordentlicher Kündigung eine vergleichbare Regelung. Vergleiche hierzu § 102 BetrVG zur Anhörung des Betriebsrats bei Kündigung.
Hinweise zur Anhörung bei ordentlicher Kündigung gemäß § 30 MAVO.