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Liebhaberei und Gewinnerzielungsabsicht

von | Steuerrecht

Einkünfte aus Gewerbebetrieb § 15 EStG

Die Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb gehören zu den sogenannten Gewinneinkünften gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Liebhaberei und Gewinnerzielungsabsicht. Weitere Gewinneinkünfte sind die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und die Einkünfte aus Land-und Forstwirtschaft. Nach § 15 Abs. 2 S. 1 EStG ist ein Gewerbebetrieb eine selbstständige, nachhaltige Tätigkeit, welche mit einer Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird und welche sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Gewerbebetrieb weder als Ausübung einer Land-und Forstwirtschaft noch als freier Beruf einzuordnen ist.

Gewinnerzielungsabsicht

Wie bei anderen Gewinneinkünften auch ist stets eine Gewinnerzielungsabsicht, also das Erzielen eines Gewinns erforderlich. Der Bundesfinanzhof (BFH) nennt dies das Streben nach Erzielung eines Totalgewinns (BfA 11.12.1997, NV  1998/947). Demnach liegt eine Gewinnerzielungsabsicht vor, wenn der Inhaber des Betriebs für die Zeit von der Gründung bis zur Beendigung seiner unternehmerischen Tätigkeit ein positives Gesamtergebnis beabsichtigt. Das Ergebnis muss über den Einsatz des eigentlichen Betriebskapitals hinausgehen.

Liebhaberei

Fehlt eine Gewinnerzielungsabsicht, neigt das Finanzamt dazu, die betriebliche Tätigkeit als eine rein private, steuerlich nicht relevante Betätigung anzunehmen. Die Abgrenzung zwischen Gewinnerzielungsabsicht und einer Liebhaberei können im Einzelfall schwierig sein. Eine mehrjährige Verlustperiode begründet für sich genommen noch lange keine Liebhaberei. Dies gilt insbesondere nicht während der Anlaufzeit nach Gründung des Betriebs.

der Bundesfinanzhof (BFH)

Der Bundesfinanzhof hat in einer viel beachteten Entscheidung vom 23. Mai 2007 (Aktenzeichen Bundesfinanzhof XR 33/04) festgehalten, dass ein Anlaufzeitraum von weniger als fünf Jahren nur in Ausnahmefällen angenommen werden könnte. So heißt es in der Entscheidung im Leitsatz 1::

1. Beruht die Entscheidung zur Neugründung eines Gewerbebetriebs im Wesentlichen auf den persönlichen Interessen und Neigungen des Steuerpflichtigen, so sind die entstehenden Verluste nur dann für die Dauer einer betriebsspezifischen Anlaufphase steuerlich zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige zu Beginn seiner Tätigkeit ein schlüssiges Betriebskonzept erstellt hat, das ihn zu der Annahme veranlassen durfte, durch die gewerbliche Tätigkeit werde er insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielen können (Rn.34).

Im Leitsatz 2 heißt es:

2. Als betriebsspezifische Anlaufzeit bis zum Erforderlichwerden größerer Korrekturmaßnahmen und Umstrukturierungsmaßnahmen wird ein Zeitraum von weniger als fünf Jahren nur im
Ausnahmefall in Betracht kommen (Rn.26).

Die Finanzverwaltung wird im Ergebnis dieser Rechtsprechung  stets den sogenannten Anlaufzeitraum zu berücksichtigen haben. ist der Anlaufzeitraum noch nicht abgeschlossen kann den Betrieb nur in Ausnahmefällen die steuerliche Anerkennung versagt werden.

Anlaufzeitraum = Anlaufzeitraum?

Die Gewinnerzielungsabsicht ist eine sogenannte innere Tatsache, welche von der Finanzverwaltung und von den Gerichten anhand äußerer Merkmale beurteilt wird. Das bedeutet, dass nach äußeren Umständen entschieden werden muss, ob das Vorliegen oder Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist. Der Anlaufzeitraum von fünf Jahren erweist sich dabei nicht als starre Grenze. Denn, wie zuletzt das Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 9. Senat, mit Urteil vom 19.12.2016 entschied, kann der  Anlaufzeitraum mehr als fünf Jahre betragen. In dem zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt ging es um eine zehnjährige Verlustphase. Das Finanzamt hatte in dem Fall keine Gewinnerzielungsabsicht angenommen und Liebhaberei unterstellt, weil nach mehr als fünf Jahren ein Überschuss nicht erzielt werden konnte. Das Finanzamt erkannte die erklärten Verluste des Gewerbetreibenden per Einkommensteuerbescheid nicht mehr an. Durch das Wegfallen der Verluste erhöhte sich die Steuerlast. Der Gewerbetreibende, welcher seine Tätigkeit neben einer Vollzeittätigkeit d. h. als Nebentätigkeit ausübte, hatte die streitigen Steuerbescheide rechtzeitig angefochten und dem Finanzgericht zur Überprüfung gestellt. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg gab der Klage statt, sodass die von dem Kläger geltend gemachten Verluste von der Finanzverwaltung anerkannt werden mussten.

In der Entscheidung des Finanzgerichts heißt es:

 Bei einem nebenberuflich selbstständig tätigen Dachdecker, der seine selbstständige Erwerbstätigkeit wegen seiner Vollzeiterwerbstätigkeit als angestellten Dachdecker in einem weit entfernten anderen Bundesland nur an den Wochenenden sowie an Urlaubstagen ausüben kann, ist zu berücksichtigen, dass sich positive Einkünfte aus dem Dachdeckerbetrieb mangels der Möglichkeit, größere Aufträge auszuführen, vielfach erst nach einer längeren Anlaufzeit erzielen lassen. Deshalb lässt sich allein aus der Tatsache einer über mehrere Jahre anhaltenden Verlusterzielung noch nicht der Schluss ziehen, es fehle an einer Gewinnerzielungsabsicht (Rn.32)(Rn.33).

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Verluste alleine nicht ausreichen, um einen für Gewinnabsicht sprechenden Anscheinsbeweis zu entkräften. Vielmehr ist es erforderlich, dass weitere Umstände hinzukommen, welche auf eine Ausübung der verlustbringenden Tätigkeit nur aus persönlichen, die Lebensführung betreffenden Gründe (Liebhaberei) hinweisen.

 

 

25. Juni 2020