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Trennung und Steuern: Aufteilung einer nach der Trennung fällig gewordenen Steuerschuld auf der Grundlage fiktiver getrennter Veranlagung der Ehegatten

Die Trennung der Eheleute hat grundlegende Bedeutung für die Angelegenheiten im Familienrecht. Die Trennung bestimmt etwa die Berechnung von  Zugewinn oder Unterhalt, wirkt sich aber auch auf das Steuerrecht bezüglich der Einkommenssteuer der Eheleute aus:

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 31.05.2006 (Az.: XII ZR 111/03) folgendes entschieden:

Die Aufteilung einer nach der Trennung fällig gewordenen Steuerschuld und der sich hieraus ergebenden Erstattungs- bzw. Nachzahlungsansprüche zusammen veranlagter Ehegatten hat im Innenverhältnis grundsätzlich unter entsprechender Heranziehung des § 270 AO auf der Grundlage fiktiver getrennter Veranlagung der Ehegatten zu erfolgen.

Die Ehegatten waren steuerlich gemeinsam veranlagt. Sie stritten nun darüber, ob die Ehefrau dem Ehemann im Innenverhältnis zum Ausgleich der durch ihn geleisteten Steuerschuld verpflichtet sei. Der BGH führte dazu aus, dass die Ehegatten grundsätzlich Gesamtschuldner nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB seien und eine Ausgleichspflicht hätten. Soweit es keine anderweitige Vereinbarung gebe, hafteten sie auch zu gleichen Teilen.
Jedoch sei eine Parteivereinbarung vorrangig zu berücksichtigen.

Trennung und Steuern

Eine andere Aufteilung als die des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB könne sich z.B. aus den güterrechtlichen Beziehungen der Ehegatten ergeben. Die Ehegatten seien sowohl im Güterstand der Gütertrennung als auch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bzgl. ihres Vermögens und ihrer Schulden selbstständig. Deshalb habe im Verhältnis der Ehegatten zueinander grundsätzlich jeder von ihnen für die Steuer, die auf seine Einkünfte entfällt, selbst aufzukommen. Begleicht ein Ehegatte die Einkommensteuer des anderen, so ergebe sich im Hinblick auf die rechtliche Selbständigkeit der beiderseitigen Vermögen, dass er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen hätte. Dies führe im Falle der Zusammenveranlagung dazu, dass bei der Aufteilung der Steuerschuld die Höhe der beiderseitigen Einkünfte zu berücksichtigen sei, die der Steuerschuld zugrunde lägen.

Auch eine andere konkludente Vereinbarung sei möglich, wenn z.B. die Steuerschulden nach bisheriger Handhabung der Ehegatten nur von einem von ihnen beglichen wurden. Dann könne eine konkludente Bestimmung vorliegen, dass nach ständiger Übung nur einer der Ehegatten die Steuerschulden zu begleichen habe und der andere im Innenverhältnis freigestellt wurde.

Aufteilung der Steuerschuld

Da aber grundsätzlich im Verhältnis zueinander jeder Ehegatte für die auf seine Einkünfte entfallende Steuer selbst aufzukommen habe, stehe ihm ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen zu, wenn er die Steuerschuld des anderen begleiche. Bei der Aufteilung der Steuerschuld zusammen veranlagter Ehegatten sei deshalb die Höhe der beiderseitigen, der Schuld zugrunde liegenden Einkünfte zu berücksichtigen.

Problematisch war aber bisher immer auf welche Weise dies zu geschehen habe.
Die Rechtsprechung habe auf diese Frage bisher keine Antwort gegeben. Fraglich war, ob die Ausgleichung streng nach dem Verhältnis der Einkünfte vorzunehmen sei oder ob sie nach dem Verhältnis der Steuerbeträge im Falle (fiktiver) getrennter Veranlagung zu erfolgen habe. Auch für den Fall einer Steuererstattung sei diese Frage bis jetzt offen gelassen worden.

Im Ergebnis entschied sich der BGH für die Heranziehung des §270 AO um die Steuerschuld und die sich daraus ergebenden Erstattungs- bzw. Nachzahlungsansprüche auf der Grundlage fiktiver getrennter Veranlagungen der Ehegatten zu ermitteln.
Dies führe zu einem einkommensteuerkonformen Ergebnis, weil so die konkrete steuerrechtliche Situation der Ehegatten berücksichtigt werde.
Mit einer einkommensteuerkonformen Aufteilung könne erreicht werden, dass im Verhältnis der Ehegatten zueinander jeder von ihnen für die Steuer aufzukommen habe, die auf seine Einkünfte entfalle. Dies gelte gleichermaßen für Steuererstattungen wie für Steuernachforderungen, und zwar unabhängig davon, ob letztere erstmals oder nachträglich festgesetzt worden seien. Denn in allen Fällen geht es um die Steuerschuld, die die Ehegatten jeweils zu tragen hätten.

 

28. Juni 2017